Wir erinnern uns gut an Obamas „Yes we can!“ und Merkels „Wir schaffen das!“ Das sind zwei sehr bekannte Slogans aus der Politik, die in einem Punkt aus dem Meer der Schlagworte herausstechen und anders sind als etwa „Wohlstand für alle!“ oder „Für Frieden und Freiheit“. Sie verwenden ein „Wir“, das die Empfänger der Botschaft einbezieht, bestätigt, ermutigt und bestärkt.
Dieses Phänomen nennt man „Affirmation“ – wörtlich: Festmachung, Bestärkung – und es beeinflusst uns in der Kommunikation mit anderen und mit uns selbst. Affirmationen sind auch unter dem Begriff förderliche Glaubenssätze bestens bekannt.
Dass positive Gedanken eine Kraft in sich tragen, wissen wir aus dem Alltag. Wir würden sonst zum Beispiel einem Freund nicht immer wieder Mut zusprechen, wenn er seine Fähigkeiten nicht entfalten kann. Auch würden wir uns unsere Hoffnungen nicht ständig vor Augen halten und denken: „Bald! Bald wird es eintreffen!“ Aber wir tun es wie automatisch und wissen, dass es richtig ist. Was steckt also dahinter?
Ziele definieren mit Affirmationen
Durch das Wiederholen einer Affirmation tritt diese immer wieder für einen Moment aus dem Unbewussten ins Bewusste und gibt uns einen Impuls, der unser Verhalten beeinflussen kann und auch unsere Gefühle.
Deshalb ist zunächst wichtig, die Affirmationen beziehungsweise das Ziel richtig und passend zu definieren. Vielleicht will ich erfolgreicher im Beruf oder im privaten Leben sein, werde aber blockiert von Selbstzweifeln und Ängsten, von denen ich weiß, dass sie eigentlich keine Berechtigung haben. Vielleicht möchte ich mehr Gesundheit, Geld oder Liebe in meinem Leben haben. Oder möchte ich eine schlechte Gewohnheit ablegen und suche etwas, an dem ich mich festhalten kann, um dieses Ziel zu erreichen. Möglicherweise bedrückt mich eine große Aufgabe, mit der ich einfach nicht weiterkomme.
Definiere ich hingegen das Ziel so, dass ich möglichst schnell an eine Million Euro herankommen will, wird die Affirmation wahrscheinlich nicht greifen, denn der eigentliche Wunsch liegt tiefer: Was will ich denn mit dem Reichtum? Suche ich Freunde? Will ich in einem großen Haus wohnen? Will ich Existenzängste loswerden? Hier spielt die Musik.
Bevor wir uns positive Worte als Affirmation aussuchen, müssen wir uns also darüber im Klaren sein, dass der Wunsch zu uns gehört und logisch, authentisch, real und realistisch ist. Außerdem soll eine Affirmation präzise, klar und emotional formuliert sein. Das ist vielleicht der schwierigste Part. Es gibt Affirmationen zu den Themen Gesundheit, Geld, Liebe, Selbstwert, Ziele.
Wiederholen und "Trampelpfad" anlegen
Wenn das geschafft ist, dient die Wiederholung dieser Gedanken dem Manifestieren und Einprägen des Wunsches. Ein „Ich kann das ohne Weiteres schaffen“ am Morgen zum Beispiel vertieft so etwas wie einen Trampelpfad in unserem Bewusstsein. Es konstruiert und definiert eine Realität, die zuvor als Ziel erkannt worden ist. Während die oben erwähnte Reflexionsphase ein zumindest teilweise intellektueller Vorgang ist, überwindet die Wiederholung den Intellekt. Es geht nicht darum, nachzudenken und zu grübeln, Probleme zu lösen oder zu analysieren.
Warum hören Liverpooler Fußballfans ihre Erkennungshymne „You’ll Never Walk Alone“ und kommen stets erholt und stark aus der Erfahrung heraus? Was passiert da auf dem Trampelpfad der Affirmation? Mit einem Bild gesagt: Der Intellekt ruht und benötigt keine Energien. So bekommen das Unterbewusste und Unbewusste Raum, um sich zu öffnen und ihre immense Kraft zu entfalten. Dies stärkt und beruhigt uns. Und es befähigt uns.
Verhältnis zur Wissenschaft
Die Affirmation gehört logisch zur Psychologie, aber man findet den Begriff nicht in ihren Lehrbüchern. Sie befasst sich allerdings mit inhaltlich verwandten Feldern wie Motivation oder (Auto-)Suggestion, mit Entscheidungsfindung und Verhaltensmustern, auch mit sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Ein Grund für die Nicht-Nennung könnte sein, dass der Begriff aus der Praxis stammt. Die Wirkung tritt einfach ein. Das bedeutet nicht, dass das Phänomen bestärkender ritualisierter Verbalisierungen zur Erreichung eines bestimmten Ziels unwissenschaftlich ist oder methodisch nicht greifbar.
In der Medizin und in den Neuro-, Gesundheits- und Sportwissenschaften treffen wir darauf, in den Kommunikations- und in mehreren Kognitionswissenschaften, also Fächern, die sich mit Wahrnehmung und dem Bewusstsein beschäftigen. Ferner finden wir wissenschaftliche Erkenntnisse in der Wirtschaft, wenn es um erfolgreiche Werbestrategien geht. Werbesprüche sind der Inbegriff von Affirmation, daher hat die Wirtschaft ein großes Interesse daran, diese Techniken und Mechanismen zu erforschen.
Wenn wir den Begriff „Affirmation“ also in seine Bestandteile zerlegen, gelangen wir über viele kleine Wege zu den verschiedensten Wissenschaften, während der Begriff selbst eher aus der Praxis der Lebensverbesserung stammt und von prominenten Persönlichkeiten wie Stuart Wilde aus dem „Human Potential Movement“ populär gemacht wurde.
Wie sich ein solcher Begriff etablieren kann, hat kürzlich der Autor und Redner Noah St. John demonstriert, der das Wort „Afformation“ erfunden und als Warenzeichen eingetragen hat. Statt „firm“ hier „form“, denn St. John will formen. Statt der reinen bekräftigenden positiven Wiederholung geht es ihm – sozusagen als Steigerung – um positiv gestellte Warum-Fragen, zum Beispiel.: Warum kann ich das schaffen? Wenn wir uns eine positive Frage stellen, geht das Unterbewusstsein auf die Suche nach einer positiven Antwort.
Affirmationen sind tief in unserer Kultur verankert
Affirmation gehören zu unserem Basis-Repertoire von Ritualen. Wahrscheinlich verwenden die Menschen affirmative Techniken, seit sie sprechen können, denn warum sollten sie vor 200.000 Jahren weniger erfolgreich gewesen sein als heute? Alle Hilfsmittel, die nötig sind, sind mental. Man braucht weder einen Computer dafür noch ein Steinwerkzeug.
Im Lexikon des Mentaltrainings ist “Affirmation“ ein wichtiger Eintrag, denn alle Kulturen und alle Zeiten bedienten sich der Wiederholung positiver Aussagen, um bestimmte Ziele zu erreichen. Mantras, Gebete, Meditationen, Lob, Gedichte, Songs, Geschichten und Märchen, Dankeszeremonien, Sprichwörter, Wunschbrunnen – Affirmationen sind so tief in unserer Kultur verankert, dass der Mensch viele Techniken gefunden hat, um sie zu nutzen.
Afformationen sind die neue Affirmationen
Das Prinzip der Afformationen wurde vom Amerikaner Noah St. John entwickelt. Afformationen (mit “o”) sind ein sehr kraftvolles Instrument, mit dem man es schaffen kann, sein Denken in eine neue Richtung zu lenken.
Das Wort “Afformation” kommt aus dem Lateinischen “formare”, was so viel bedeutet, wie “gestalten”.
Afformationen sind Fragen, die darauf abzielen, unser Unterbewusstsein in eine positive Richtung zu lenken. Statt uns selbst mit festen Aussagen zu bestärken, wie es bei Affirmationen der Fall ist, nutzen wir mit Afformationen das Potential der Fragestellung.
Der Vorteil der Frage
Warum sind Fragen so mächtig? Wenn wir eine Frage stellen, setzen wir unser Gehirn automatisch in Gang, um eine Antwort zu finden. Indem wir uns positiv formulierte Fragen stellen, wie “Warum bin ich so erfolgreich?”, zwingen wir unser Gehirn dazu, nach Gründen und Beweisen für diese positive Annahme zu suchen. Dieser Prozess kann tief verankerte Glaubenssätze aufdecken und verändern.
Afformationen vs. Affirmationen
Während eine Affirmation wie “Ich bin erfolgreich” möglicherweise auf Widerstand in unserem Unterbewusstsein trifft (z.B. durch Glaubenssätze wie “Das stimmt nicht” oder “Das fühlt sich nicht wahr an”), öffnet eine Afformation die Tür zu Möglichkeiten. Die Frage “Warum bin ich so erfolgreich?” lässt Raum für Interpretation und erlaubt unserem Geist, nach positiven Antworten und Bestätigungen zu suchen.
Aber Achtung! Dieses System kann auch in die andere Richtung wirken. Negative Fragen wie “Warum geht es mir so schlecht?” oder “Warum bin ich so doof?” können zu negativen Gedankenspiralen führen. Die Macht der Frage beeinflusst direkt unsere Gefühle, Gedanken und Handlungen.
Trainiere mit Affirmationen und Afformationen
Affirmation: Ich bin stark und unabhängig.
Afformation: Wie wäre es, wenn ich mich stark und unabhängig fühle?Affirmation: Ich verdiene Glück und Erfolg in meinem Leben.
Afformation: Warum verdiene ich so viel Glück und Erfolg in meinem Leben?Affirmation: Jeden Tag wachse und entwickle ich mich weiter.
Afformation: Wie wäre es, wenn ich jeden Tag wachse und mich weiter entwickle?Affirmation: Ich bin geliebt und wertgeschätzt.
Afformation: Warum spüre ich so viel Liebe und Wertschätzung von den Menschen um mich herum?Affirmation: Ich habe das Selbstvertrauen, meine Ziele zu verwirklichen.
Afformation: Warum bin ich so selbstbewusst und überzeugt davon, meine Ziele zu verwirklichen?Affirmation: Ich bin kreativ und erfinde ständig neue Ideen.
Afformation: Wie wäre es, wenn ständig kreative Ideen zu mir fließen?Affirmation: Ich bin in der Lage, die Herausforderungen des Lebens zu meistern.
Afformation: Warum finde ich immer die richtigen Lösungen, um die Herausforderungen des Lebens zu meistern?Affirmation: Ich verdiene es, glücklich und zufrieden zu sein.
Afformation: Wie wäre es, einfach Glück und Zufriedenheit in meinem Leben zu haben?
Literaturquellen
- PUCA, R.M.;, & SCHÜLER, J. [2017]: Motivation. In: Müsseler, Jochen & Rieger, Martina (Hrsg): Allgemeine Psychologie. Springer Fachmedien
- RÖHNER, J.; SCHÜTZ, A. [2016]: Psychologie der Kommunikation. Basiswissen Psychologie. Springer Fachmedien
- SUEREN, P. A. [2009]: Language in Cognition. Series: Language from Within, Volume 1. Oxford University Press.]
- ST. JOHN, N. [2013]: The Book of Afformations. Discovering the Missing Piece to Abundant Health, Wealth, Love, and Happiness. Hay House
- WILDE, S. [1993]: Affirmations. Brighton-Le-Sands, NSW: Nacson & Sons.
Weblinks
Definition Afformation – Abgerufen am 21.03.2021